Chronik eines weitgehend normalen Afrikaaufenthalts

Ruanda 1976–1980. Reisen an der Peripherie. Tagebücher, Briefe, Anmerkungen



Chronik eines weitgehend normalen Afrikaaufenthalts
Ruanda 1976–1980. Reisen an der Peripherie. Tagebücher, Briefe, Anmerkungen
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In seiner Chronik eines weitgehend normalen Afrikaaufenthaltes blickt Gaspard Dünkelsbühler auf das Afrika der 1970er Jahre zurück, auf die Anfänge dessen, was als das 'europäisch-afrikanische Aufbauprojekt' betrachtet werden konnte, definiert in den Römischen Verträgen über die Schaffung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG 1957) und zum Leben erweckt durch die Konvention von Lomé, die am 28. Februar 1975 mit großem Pomp in der togoischen Hauptstadt von neun europäischen Mitgliedsstaaten und 44 Regierungen aus Afrika, der Karibik und dem Pazifik (AKP) unterzeichnet wurde. Das Ziel bestand in der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der ehemaligen europäischen Kolonien, worunter sich auch die früheren deutschen Schutzgebiete Burundi, Kamerun, Ruanda, Tansania und Togo befanden. Ruanda, das Bergland, nicht viel größer als Rheinland-Pfalz, bis 1918 Annex von Deutsch-Ostafrika, von 1920 bis 1962 belgisches Mandat, mit seinen Nachbarländern Zaïre und Burundi sowie den 'Englischsprachigen', Uganda und Tansania, ist Schauplatz von Dünkelsbühlers Chronik. Mit Europa ging es wirtschaftlich stetig aufwärts, die Entwicklungshilfe zeigte erste Resultate, man war sparsam und tat doch viel für die AKP-Länder. Die interessante Tätigkeit in Afrika, das Leben in den Tropen, lockten nicht wenige wagemutige junge Männer und Frauen. Um 1975 wurde die Zahl europäischer Experten und Helfer in Afrika auf rund 50.000 geschätzt. Gaspard Dünkelsbühler ist als Leiter der europäischen Delegation in Ruanda einer von ihnen. Da es in den unabhängigen Ländern des Kontinents fast überall zwischen den Stämmen gelegentlich rumort, die methodische Verbesserung des Lebens- und Erziehungsniveaus der Bevölkerungen nach neuzeitlicher Erkenntnis als sichere Prophylaxe gegen Spannungen gilt, sieht er keine Anzeichen für eine bevorstehende Explosion, wie sie anderthalb Jahrzehnte später als Genozid an der bedeutenden Minderheitsgruppe der Tutsi im Jahr 1994 stattfindet. Dieser unvorstellbare historische Sturz bedeutet bis heute ein schweres Trauma für Ruanda, bis heute arbeiten Tribunale nicht nur im Lande, auch in Arusha, auch in Paris und Madrid, an der Aufklärung und strafrechtlichen Bewältigung der Massaker und ihrer Begleitumstände. Bis heute auch sind die internationalen Geber und ihre Organisationen in ihrer Arbeit in Afrika verunsichert. Eine schwer zu durchschauende Stammes- und Clangesellschaft, umgeben von einem modernen Biotop ausländischer Experten, internationaler Diplomaten und Geschäftsleuten, tritt einem aus diesen Papieren entgegen; man erlebt das unablässige Tauziehen auf vielen Ebenen, die Bemühungen der meisten, das Richtige, und einiger, ihren Vorteil durchzusetzen. "Der Simulator für Entwicklungsprojekte ist noch nicht erfunden", "Experimente sind gleichzeitig das Produkt", "Afrika ist eine Großbaustelle", so liest man zwischen den Zeilen. Dünkelsbühler legt mit diesem Buch auch ein Werk über die Entwicklungshilfe vor, zeigt ihr Funktionieren an praktischen Beispielen genau auf, auch die eigenen Gesetzmäßigkeiten, denen die beteiligten Systeme folgen. Manches wird deutlich über die Hintergründe, menschliche Schicksale inbegriffen. Die Europäer rätseln über die Afrikaner, diese tun sich schwer, die Europäer, Briten, Russen und Chinesen zu begreifen – obwohl alle Seiten sich seit langem studieren. Afrika steht weiterhin am Eingangstor zur Moderne, gar zur Postmoderne. Ist das Schlagwort von nachhaltiger Entwicklung also eine europäische Illusion? Die spektakulär gefeierten Schuldenerlasse sind unnütz, wenn sie nur zu leichthändiger Neuverschuldung führen. Dünkelsbühler beschreibt ohne Verbrämung den mittelfristigen Trend von der Geber- zur Empfänger-kontrollierten europäischen Hilfe. Am Ende teilt der Leser mit ihm ein gutes Stück seines Wissens – und auch seiner Zweifel – und teilt hoffentlich seinen Wunsch, etliche Punkte im Vorgehen zu ändern. Die Europäische Union gibt heute mehr als die Hälfte der jährlich von Afrika empfangenen weiter im Wachsen befindlichen Entwicklungshilfe. Dünkelsbühler leistet einen eindrucksvollen, bedenkens- und überaus lesenswerten Beitrag zur Geschichte der Europäischen Union und ihren Beziehungen zu Afrika während des zweiten Drittels des Zwanzigsten Jahrhunderts.
Autor/-in

About the author

Gaspard Dünkelsbühler, 1932 in Berlin geboren, wuchs in Nagold im Schwarzwald auf. Er studiertes Rechts- und Staatswissenschaften in Tübingen, Hamburg und Heidelberg; Referendarzeit und Assessorexamen in Baden-Württemberg. In den 60er Jahren war er Verbandsjurist und Rechtsanwalt in Esslingen und Düsseldorf. Von 1970 bis 1997 war er für die Europäische Kommission in Madagaskar, der Elfenbeinküste, in Ruanda, Obervolta (dem heutigen Burkina Faso), Zimbabwe und Togo (bis 1991) sowie zuletzt in Pakistan tätig. Bisherige Buchveröffentlichungen: Notizen aus Ruanda (1982), Dreimal Elfenbeinküste (1983), Madegassische Schattenspiele (1986), Fern und Nah, Gesichter, Stimmen 1950-70 (2003)
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„Das Buch ist sowohl durch das ausgebreitete Material als auch wegen der abgewogenen Reflexionen eine überaus wertvolle Quelle für ‚grandeur et misére’ der europäischen Entwicklungshilfe in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts.“ (Das historisch-politische Buch, Heft 6, 2008)
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Autor/-in Gaspard Dünkelsbühler
Anzahl der Seiten 1130
Sprache Deutsch
Erscheinungsdatum 25.11.2008
Gewicht (kg) 0.2450
ISBN-13 9783898219068